Petra, die Felsenstadt…
Es ist soweit. Gerade sind wir in den einzigen Seehafen Jordaniens eingelaufen, die Landgangs-Freigabe ist erfolgt und knapp 20 Busse erwarten die Ausflügler. Der Hafen selbst ist recht klein, die Hafenstadt schließt sich direkt an und ist sehr malerisch gelegen. Blaues Meer im Vordergrund, dann die kleinen weißen Häuser und im Hintergrund braune felsige Berge im dunstigen Wüstenstaub. Wir befinden uns hier im rechten Finger des nördlichen roten Meeres, wo Jordanien, Saudi- Arabien, Israel und Ägypten aufeinandertreffen. Es ist wieder sehr heiß, etwa 30°C im Schatten, aber alle sind aufgeregt, gespannt und voller Erwartung.
Wir fahren gerade im Bus Richtung Petra. Es liegen zwei volle Stunden Fahrt vor uns. Hassan, unser Reiseführer, gibt jetzt endlich Ruhe. Es ist zwar ganz nett, etwas über die Geschichte des Landes zu erfahren, aber wenn er bei der Entstehung der Berge und Täler von vor 1,5 Millionen Jahren anfängt, ist es doch etwas zu viel an Information auf einmal. Obwohl die Landschaft trotz ihrer Kargheit durchaus interessant ist. Zumindest ist es ein sehr ungewohntes Bild für uns. Felsen, Wüste, Staub und Stein. Riesige Felsbrocken türmen sich am Wegesrand. Felsbrocken, doppelt so groß wie die Findlinge in unseren Landen, liegen zu Bergen gestapelt. Hohe Berge ohne einen grünen Baum oder Strauch. Weite Ebenen ohne jede Abwechslung für das Auge. Einzelne schmale, ausgewaschene tiefe Schluchten soweit der Blick reicht. Man fühlt sich direkt an die umfangreichen Landschaftsbeschreibungen Karl Mays erinnert. Die Farben wechseln in schneller Folge vom hellen Sandgelb bis zum dunklen Antrazit, überwiegend jedoch hell und bleich. Und jetzt fängt Hassan wieder an. Immerhin ist er inzwischen bei der modernen Geschichte angekommen….
Wir sitzen wieder im Bus und sind mittlerweile wieder auf der Rückfahrt. Müde und kaputt – aber glücklich. Der Akku meines Fotoapparates hat inzwischen den Geist aufgegeben. Es war atemberaubend. Wahrlich zu recht wird es als achtes Weltwunder bezeichnet. Alle paar Meter eröffnet sich ein neues Bild, sieht man neue Details, Farben und Formen. Aber der Reihe nach. Petra liegt etwa 120 km von Aqaba entfernt in einem Talkessel mitten im Gebirge umgeben von Wüste an einer alten Handelsstraße zwischen dem Mittelmeer und Indien. Früher wurde hier Weihrauch und Myrrhe auf Kamelen transportiert. Heute ist Petra eine Geisterstadt, die nur noch von Touristen bevölkert wird. Es führt nur ein einziger Weg nach Petra durch eine enge 1,2 km lange Schlucht. Und dies bereits seit fast 2000 Jahren. Teilweise ragen die Felsen bis zu 80 m über uns hinaus und scheinen fast das Tageslicht auszuschließen. Der Weg ist zwischen 8 m und 3 m breit. Natürlich sind viele Touristen unterwegs, aber auch moderne Wegelagerer in Form von fliegenden Händlern, die wahrlich horrende Summen für ihre Souvenirs verlangen. Andererseits ist es aber auch einzigartig, was die Stadt ausmacht. Glücklicherweise wurde dieses Tal vor rund 200 Jahren wieder entdeckt, nachdem es fast 600 Jahre lang von Beduinen und Arabern abgeschottet wurde und in Vergessenheit geriet. In diesem Zugang (Siq wird diese Schlucht genannt) sind die wunderlichsten und fantastischsten Felsformationen zu sehen. Alte Wasserrinnen, Opfernischen und tatsächlich gelegentliche Sträucher säumen den Weg. Am Ende der Schlucht öffnet sich langsam, fast zögerlich, der Weg und gib den Blick frei zum atemberaubendsten und bekanntesten Gebäude Petras. Das Schatzhaus, welches früher – also viel früher – ein Tempel war und als Grabmal für einen König aus dem Stein gemeißelt wurde. Überhaupt gibt es kaum wirklich gemauerte bzw. von Hand errichtete Gebäude. Das ist es, was Petra so berühmt machte. Nahezu alles wurde aus dem Felsen heraus geschlagen und gemeißelt. Diverse Gräber, Tempel und sogar ein komplettes halb kreisförmiges Amphitheater mit 7000 Sitzplätzen! Hin und wieder ordnet sich die Kulisse und gibt einen fast grenzenlosen Blick auf weit entfernte schroffe Berge frei. Wirklich einmalig und unglaublich. Und weil wir so etwas nicht alle Tage machen, dachten Katharina, Sandra und ich (die Mädels, mit denen ich bereits in Kuala Lumpur unterwegs war), machen wir es doch richtig! Also mieteten wir für den Rückweg 3 Kamele und ließen uns den halben Weg wieder zurücktragen. So ein Wüstenschiff schaukelt ganz schön! Allerdings wurde der Weg selbst für dieses Kamel zu eng und wir stiegen um in eine kleine Kutsche, gezogen von einem armen alten Pferd. Aber die eine Pferdestärke hat nicht ganz ausgereicht für uns drei. Nach nochmals der Hälfte des Weges stieg Sandra nochmals um und bekam ihre eigene Pferdestärke – allerdings ohne Kutsche. Lustig, teuer und komplett verrückt war es allemal! Aber das war es uns wert! Übrigens stieg selbst der Kapitän, der ebenfalls mit war, auf ein Kamel! War sicher ein neues Gefühl für ihn… Auf einem (Wüsten)Schiff über Land zu reisen…