Einen Eintrag auf diesem Einsatz gibt es noch. Die Zeit vergeht gerade wie im Flug. Die meisten meiner Aufgaben sind weitgehend abgeschlossen, die Vorbereitung für die nächsten Reise nach mir läuft gerade an, damit meine Nachfolgerin nicht gleich zu viel zu tun hat. Ich genieße die letzten Tage an Bord und verbringe so viel Zeit wie möglich mit den Leuten, die mir schon länger nahestehen. Oder zu denen ich eine engere Freundschaft aufgebaut habe.
Viele meiner Mädels sind ja noch sehr jung und wissen teils noch gar nicht so recht, was sie mit ihrem Leben anfangen wollen. Da versuche ich zu helfen, Wege zu zeigen, Chancen zu erkennen. Dazu lese ich gerade ein Buch, was sich genau damit beschäftigt, ein sehr interessantes Buch, was mich tatsächlich etwas nachdenken lässt. Gesa Neitzel „The wonderful wild“. Ihre Sicht auf die Welt stets in Bezug auf die Wildnis Afrikas. Ein Thema des Buches ist zum Beispiel die innere Stimme. Im Grunde gibt es viele Varianten davon: das Bauchgefühl, auf das Herz hören, der Glaube an eine höhere Macht oder schlicht Karma. Für die Menschheit früher und indigene Völker heute noch ist es nichts weiter als Intuition. Manche Entscheidungen lassen sich einfach nicht richtig erklären oder gar wissenschaftlich belegen, doch für den Augenblick ist es das einzig richtige, was zu tun ist. Genau diese eine Entscheidung bringt uns auf unserem Weg weiter, lässt uns zu dem Menschen werden, der wir sind. Bedeutet aber auch, das wir uns immer mal wieder fragen sollten, wer wir sein wollen. (Das hat schon der alte Gandalf gesagt: Wichtig ist nur, was wir mit der Zeit anfangen, die uns gegeben ist.) Im besten Fall können wir jeden Tag ein kleines bisschen besser sein, als am Tag zuvor. Auf lange Sicht macht das einen großen Unterschied. Dabei ist es egal, in welchem Bereich wir diese kleine Veränderung anstreben. Sei es die vegane Ernährung oder den Müll trennen, den einen Euro mehr ausgeben, um ein Projekt zu unterstützen oder ganz privat für sich selbst etwas Gutes tun. Jede Reise beginnt stets mit dem ersten Schritt. Tun wir uns selbst etwas Gutes, fühlen wir uns wohl. Es macht uns glücklich und zufrieden. Sind wir zufrieden, können wir auch anderen helfen, glücklich zu werden. Für den Pessimisten ist das Glas stets halb leer. Für den Optimisten ist es halb voll. Schaffen wir es, unser Glas voll zu machen, richtig glücklich zu sein, dann können wir auch anderen abgeben, um auch deren Glas etwas mehr als nur halb voll zu machen. Wie ich finde, ein ziemlich wunderbarer Gedanke und ein treffendes Bild. Helfen wir uns selbst, helfen somit auch anderen. Mit unseren Handlungen und Entscheidungen, mit Büchern, Musik oder Filmen können wir so viele Menschen beeinflussen, die wiederum anderen davon erzählen. Es wird eine unglaublich große Macht freigesetzt, die in der Summe ganz schön was bewegen kann. Energie vergeht nicht im Universum, es nimmt nur immer wieder eine neue Form an. Aber wir können auch Energie generieren und somit nutzen. Jeder von uns. Egal ob Akademiker, Politiker oder auch Fanatiker. Aber auch die Träumer, die Freigeister, die kreativen Menschen und die Entdecker unter uns. Alle zusammen verändern die Welt, im besten Falle zum Guten. Verändern wir unsere Sicht auf die Welt, ändern wir unseren Standpunkt, ergeben sich ganz neue Perspektiven. Ich habe das selbst schon erlebt. Oft hilft es, Kraft zu tanken. Energie zu gewinnen. Ein Spaziergang durch den Wald und bewusst die Natur spüren, riechen und fühlen. Ein Wellness Wochenende mit jeder Menge Me-time, Zeit für sich selbst. Oder der Weg durch traufrisches Gras oder den Sand und den Füßen. Ich brauche die freie Sicht auf den Horizont und Stille. (Habe ich auf See fast jeden Tag! Deswegen liebe ich meinen Job, der mir das ermöglicht!) Jeder hat seinen eigenen Weg, um sich wohl zu fühlen, sich zu erden und Energie zu generieren. Und ich stelle immer wieder fest, und jetzt auch ganz bewusst, wie wichtig es ist, ein bisschen Sonnenschein zu bekommen, Land unter den Füßen zu spüren. Manchmal auch langsamer zu machen, dafür bewusster und intensiver Dinge zu erleben. Und auch die Zeit zu haben, all die Glückshormone wieder zur Ruhe kommen zu lassen. Und mit diesen (neuen) Gedanken gehe ich nun bald auf die nächste große Reise. Mal sehen, wie ich es erlebe.
