Also der heutige Tag war so ziemlich das Gegenteil von gestern. Nicht nur das alles perfekt geklappt hat, heute bin ich ganz tief in die amerikanische Geschichte eingetaucht. Der Tag war außerdem quasi erfüllt von Pathos natürlich, von Nationalstolz, von Patriotismus, aber auch von Ehrfurcht und – ja auch – Bewunderung. Zumindest in Bezug auf Architektur und Präsentation. Denn wenn die Amis eines können, das ist es „sich darstellen“. Ob nun was dahinter steckt oder nicht. Manchmal ist es geradezu genial und umwerfend, manchmal auch nur heiße Luft. Jedenfalls führte mich der erste Weg heute ins Capitol. Eigentlich ist es ja beschämend für mich. Ich war noch nie im deutschen Regierungsviertel, kenne nun aber die amerikanischen Institutionen von innen und außen. Dort jedenfalls machte ich direkt eine sehr launige Führung mit unserer Guide(ine?) Stephanie mit, die uns eine Menge erklären konnte und auch einige Anekdoten zum Besten gab. Ich habe vielleicht nicht alles komplett verstanden, aber einen Großteil. Zu meinem eigenen Erstaunen. Es hat echt Spaß gemacht. Wir waren natürlich in der Rotunde und sind an Dutzenden Statuen vorbei. Großformatige Monumentalbilder mit den Schlüsselszenen der Gründungsgeschichte sind hier zu sehen. Sogar Pocahontas ist hier verewigt. Jeder halbwegs berühmte Amerikaner, der mal irgendwas irgendwann irgendwo was halbwegs bedeutendes gemacht hat, scheint hier verewigt worden zu sein. Okay, daß ist übertrieben. Aber aus jedem Bundesstaat stehen 2 Statuen hier, und 80% kenne ich nicht, sind aber für den jeweiligen Staat von Bedeutung. Na okay…
Weiter ging es die Kongressbibliothek. Bibliotheken sind sowieso meins, und diese ist nunmal neben der britischen (da war ich auch schon!) die größte der Welt. Und sie birgt mit einem Exemplar der Gutenberg Bibel auch einige Schätze. Unter anderem auch – und das hat mich wirklich überrascht – der einzige offizielle Kopie aus dem Jahr 1297 (in Privatbesitz) des Beraters von Präsident Jimmy Carter sein, der sie für 21 Millionen Dollar ersteigerte. Verrückt! Es gibt nur 4 Exemplare der schottischen Magna Charta aus dem Jahr 1297. In der Kathedrale von Salisbury hab ich schon mal eine gesehen. Jedenfalls fußt quasi jede moderne Demokratie auf diesen, damals vor über 700 Jahren, verfassten Grundrechten. Die deutsche, die englische und auch die amerikanische sind davon beeinflusst. Und ich sah natürlich den berühmten Lesesaal. Mit kilometerlangen Regalen voller Bücher, poliertem Holz und einer Atmosphäre, die Geschichte förmlich atmete! Ich war hin und weg! Auch wenn wir den Lesesaal leider nicht betreten dürften. Und die Eingangshalle selbst ist natürlich auch ein Highlight! Wie die eines pompösen Opernhauses gestaltet. Im italienischen Stil, mit marmorverkleideten Wänden, weißen Statuen, goldenen Fresken und einen monumentalen Deckengemälde. Herrlich!
Und um den ganzen noch die Krone aufzusetzen, quasi die Kirsche auf der Sahnehaube, ging es zum Schluss noch zum Nationalarchiv. Dort sind quasi die Insignien der Macht, die Säulen der amerikanischen Demokratie verwahrt. Leider ist dort Fotografieren streng verboten. Zu gerne hätte ich alles für mich dokumentiert. Es gibt drei Stück: Die Declaration of Independence, die Constitution und die Bill of Rights. Also die Unabhängigkeitserklärung, die Verfassung und die 10 Zusatzartikel zur Verfassung. Alles Originale, halb vergilbt auf Pergament, bewacht von einem Dutzend Sicherheitsvorkehrungen und schlicht das Herz der Nation. Geschichte fast greifbar. Man könnte auch sagen, ich bin auf den Spuren von Nicolas Cage und dem „Vermächtnis des geheimen Buches“ gewandelt. (Dem ersten Teil bin ich in London schon hinterher gewesen!) Im Souveniershop gibt es auch mächtig viele Anspielungen auf den Film. Wirklich witzig. (N.Cage musste 35$ zahlen, hier gibt’s sie mit 50% Rabatt.) Die berühmte Meerschaumpfeife gibt’s für nur 1000$, der Resolution Desk – Preis auf Anfrage. Sowohl gestern als auch heute hab ich es ungemein bedauert, das ich keine Souveniers kaufen konnte. Es ist echt verführerisch. Noch nicht mal einen Magneten. Aber ich kann’s halt nicht alles mitschleppen. Der Rucksack ist schon voll. Nur Fotos und Erinnerungen wiegen nichts! Und davon hab ich eine Menge!
Na jedenfalls war der Tag einfach nur geil! „Ein geiler Tag“ sozusagen.