Den Vormittag verbummelte ich wieder in der Stadt. Genauer gesagt, sah ich mir heute das Highlight von Prag schlechthin an: nämlich die von Karl IV. 1357 erbaute Brücke. Sie ist ein Wahrzeichen der Stadt, misst etwas über 500 Meter und hat 16 Bögen mit 30 steinernen Figuren auf beiden Seiten der Brüstung. Das Alter sieht man ihr wahrlich an. Groß und wuchtig, vermittelt sie den Eindruck der Unzerstörbarkeit, was natürlich gelogen ist. 700 Jahre hinterlassen da schon mal ihre Spuren. Eindrucksvoll ist sie aber schon – insbesondere zusammen mit dem gotischen Torturm. Auf dem Weg zu meinem Ziel kehrte ich noch noch in 2 großartigen Kirchen ein. Zum einen die Johannes Basilika von 1689. Sie ist bereits der dritte Kirchenbau an dieser Stelle. Der erste stammt aus dem Jahr 1232. In Ihr fand das das Krönungsmahl 1311 von Johann von Böhmen und Elisabeth statt. Der zweite Bau entstand unter Karl IV. 1374. In diesem Bau fanden auch stets die Begräbnisfeiern der Herrscher statt; auch Karl IV. wurde hier mit 500 Kerzen aufgebahrt. Im dritten und letzten Bau ab 1720 dominiert ganz klar der Barock. Der ganze Innenraum ist über und über mit Putten und Engeln beladen, viel viel Stuck und Gold an den Simsen und am Kreuzgewölbe. Am beeindruckenden ist aber das Deckengemälde, das eine ganze Bildergeschichte erzählt. Selten habe ich eine Kirche so überladen gesehen, selbst die römischen nicht. Nicht viel anders ist die St. Nicolaus Kirche des Jesuiten Kollegs von 1673; ebenfalls eine Barockkirche. Ganz klar dominieren auch hier die Deckenfrescen an und in der Kuppel mit stattlichen 20 Metern Durchmesser. Direkt darunter hängt übrigens ein Kristallglas – Kronleuchter von 1400 kg – ein Geschenk von Nicolaus II. Aber genug nun davon. Schließlich war für heute ein Ausflug nach Kutná Hora geplant. Dieses kleine, heutzutage verpennte Städtchen, war einst die reichste Stadt Böhmens im 12. Jahrhundert. Grund dafür waren die Silberminen in der Nähe. Allerdings verlor die Stadt während der Hussiten Kriege um 1420 einen großen Teil seiner Bevölkerung. Fun Fact am Rande: Als eine der ersten Währungen entstand hier unter Karl IV. der Dolares, zu deutsch: der Taler. Auswanderer nahmen ihn 300 Jahre später mit nach Amerika und machten den Dollar daraus. Jedenfalls fuhren wir dorthin. Eine kleine, internationale Gruppe von Amerikanern, Schweden, Ungarn, Deutschen, Engländern, Japanern und Franzosen – etwa 20 Leutchen. Die Fahrt verging schnell, denn es waren ja nur 70 km. Erster Stopp: das Beinhaus von Sedlec. Eine kleine Kapelle mit Ossarium und einem einst großen Friedhof. Irgendein Pater brachte im 14. Jahrhundert eine Handvoll Erde aus dem heiligen Land mit und verstreute es auf diem hiesigen Friedhof, was eine enorme Aufwertung bedeutete. Jeder wollte in der nunmehr heiligen Erde seine Wiederauferstehung erwarten. Irgendwann wuchs der Friedhof auf 3,5 ha an, denn 40.000 Leiber wurden hier inzwischen beigesetzt. Was tun? Erstmal sortieren. Schädel zu Schädel, lange Knochen, kurze Knochen usw. Ein einheimischer Künstler, Steinmetz oder Bildhauer bot an, diese weiter zu verwerten. Ethische und moralische Skrupel kannte man damals noch nicht. Und die Künstler machten machten was draus im Laufe der Zeit. So entstanden ein riesiger Kronleuchter, Girlanden, ein großes Wappen, Knochenberge, Skulpturen, Pyramiden usw. alles aus Knochen. Jeder Knochen wurde verwertet. Es sieht schon sehr makaber aus, als ob der Tod hier eine heftige Party feierte. Und doch hat es einen gewissen Reiz. Fotografieren wurde von der UNESCO streng verboten, da noch im letzten Jahr mit Fotos auf Social Media ziemlich respektlos mit umgegangen wurde. Jetzt ist man auf die „Ruhe der Toten“ bedacht. Allerdings hält sich auch nicht jeder dran. Fotos wurden trotzdem gemacht, man darf sich nur nicht erwischen lassen.
Schließlich und endlich besuchten wir auch noch der Dom der Heiligen Barbara, ebenfalls ein UNESCO Weltkulturerbe. Eine sehr große, monumentale Kathedrale aus dem Jahr 1382 und damit eine der ersten gotischen Kirchen in Mitteleuropa. Sehr sehenswert und mit einem herrlichen Altar. Nach insgesamt 6 Stunden waren wir wieder zurück in Prag. Für heute reicht’s denn dann auch. Ich bin recht müde und geschafft. Morgen ist auch noch ein Tag.